Polyamorie – mehr als ein Partner

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Ist die Beziehungsform Polyamorie eine tiefe Überzeugung? Oder entsteht sie möglicherweise, weil Menschen sich nicht für einen Partner entscheiden können oder wollen? Vielleicht ergibt sich diese Liebesform ja auch aus dem Frust von gescheiterten Beziehungen in Folge?

Auch wenn ich klar sagen muss, dass die meisten mir bekannten Menschen eine monogame Beziehungsform – manchmal auch in Serie – bevorzugen, bin ich in meiner Praxis mitunter mit dem Thema Polyamorie konfrontiert.

 

Oft nur einseitiger Wunsch

Mein Alltag stellt sich eher so dar, dass in einer bestehenden Beziehung, die monogam angelegt war, ein Partner einen weiteren Menschen kennengelernt und meist auch schon lieben gelernt hat. Bis hier klingt das ein wenig nach einer klassischen Affäre. Diese jedoch zeichnet sich in der Regel durch Heimlichkeit aus und ist immer zeitlich begrenzt. Ab einer gewissen Dauer wird nämlich jede Affäre zu einer Zweitbeziehung und spätestens dann gilt es Entscheidungen zu treffen.

Mir sind nur wenige Fälle bekannt, bei denen ein Paar Diskussionen über alternative Lebensformen geführt hat, bevor es bereits zu entsprechenden Handlungen kam. Das bedeutet, dass ein Partner den anderen quasi plötzlich mit dem Thema „ab jetzt liebe ich noch jemanden“ konfrontiert. Damit wird diesem eine Menge zugemutet.

Ich habe festgestellt, dass Polyamorie auch gern „missbraucht“ wird, wenn der Partner mit mehreren Lieben, selbst keine Entscheidung zu treffen in der Lage ist. Das heißt, dieser will sowohl die Sicherheit der Kernbeziehung als auch die „Freiheit“ in der neuen Beziehung leben. Und schiebt damit die Entscheidung irgendwie an den Partner ab.

 

Entscheidungen treffen

Meist trifft es den bisherigen Partner, der an seine Exklusivität geglaubt hat, völlig unvorbereitet aus heiterem Himmel und dieser wird nun vor schwere Entscheidungen gestellt. Der Partner liebt plötzlich noch jemanden – neben uns – und das offenbar so richtig doll. Manche Menschen könnten besser damit umgehen, wenn es sich „nur“ um Sex handeln würde, aber eine tiefgehende emotionale Verbindung zu einem weiteren Partner, ist für viele unvorstellbar.

Eine Alternative zur Akzeptanz des meist plötzlichen Sinneswandels, bietet letztendlich nur der Gedanke an eine Trennung. Die macht aber Angst. Eine Trennung und (wieder) allein zu sein – besser gesagt ohne Partner dazustehen -, das sind häufige Gründe für Menschen, in einer Beziehung zu bleiben, die ihnen nicht gut tut. Das ist natürlich eine denkbar schlechte Voraussetzung ausgerechnet in eine polyamore Beziehung zu wechseln. Denn das klingt ja eher nach einem faulen Kompromiss, der schiefgehen muss.

 

Eine echte Haltung entwickeln

Leider wissen unzählige Menschen nicht, was sie wirklich wollen und übergehen dadurch ihre Gefühle. Sie rationalisieren statt ihre Emotionen zu spüren, die ihnen Auskunft darüber geben, was sie brauchen. Wenn jemand in einer Beziehung bleibt, obwohl die eigenen Werte verletzt werden, dann werden die inneren Konflikte so stark, dass sie irgendwann die Oberhand gewinnen.

Die einzige Möglichkeit in einer polyamoren Beziehung mit einer entsprechenden Haltung zu leben, wäre in meinen Augen die echte Auseinandersetzung mit sich, immer wieder die eigenen Gefühle spüren und letztendlich einen neuen Umgang mit dem Ego zu erlernen. Wir müssten wohl dringend Erleuchten, um eine echte Akzeptanz von Polyamorie leben zu können.

Vielleicht ist das aber eine gute Gelegenheit, um letztendlich zu erkennen, was wir nicht wollen. Denn mitunter müssen wir eine Menge Erfahrungen machen und verlaufen uns auch manchmal auf unserem Weg. Aber das gehört zu unserem Wachstum und unserer Entwicklung nun mal dazu.

 

Foto: © tsepova – Fotolia.com

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